Anatols „Wächter der Goitzsche“ (2001)[1]
Das Vogtland, Thüringen, Böhmen – das ist die erste große Industrielandschaft gewesen. Damals war das alles schon im 15. Jahrhundert sehr rege. Mit diesem Bewusstsein bin ich dorthin gefahren. In dieser zu renaturierenden Landschaft, die geflutet wird, wurde ich eingeladen, eine Plastik zu machen.[2]
Der Düsseldorfer Künstler Anatol Herzfeld hat einen besonderen Bezug zum Denkmal- und Mahnmalbegriff. Bereits in den 1970er Jahren sind bei ihm, ausgehend von den Lehren Joseph Beuys, dessen Schüler er zwischen 1964 und 1972 war, erste Überlegungen zu finden, sich mit Erinnern und Gedenken zu befassen. Aus der Perspektive des »Konservierens« sind insbesondere seine Bleiarbeiten zu nennen; weiterhin das Traumschiff Tante Olga (1977). Letzteres wurde im Rahmen der Documenta 6 von Anatol zu Ehren der Dangaster Kurhauswirtin Olga Tapken geschaffen und, nach einer Fahrt zu Wasser von Dangast nach Kassel, auf der Rasenfläche vor der Orangerie aufgestellt.[3]
Seit den 1980er Jahren keimen künstlerische Ansätze, die auch den Kern der Wächter der Goitzsche ausmachen: die künstlerische Aufarbeitung des Atomreaktor-Unfalls von Tschernobyl 1986 und eine Werkreihe mit Bezug zu dem Braunkohle-Gebiet Garzweiler. Auch hier war die Zerstörung der Natur und sogar einer ganzen Siedlung Auslöser für eine Beschäftigung mit dem Gedenken und Mahnen.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entstand im Mai 1990 unter dem Titel Erinnerung an einen Irrtum zwischen dem hessischen Heringen-Leimbach und dem thüringischen Dippach eine Plastik Anatols. Es war eine der ersten Denkmalsetzungen entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze.[4] Wie zahlreiche andere seiner Werke, entstand auch dieses in enger Zusammenarbeit mit „Laien“. Unterstützt durch Jugendliche und Freiwillige schichtete Anatol eine Pyramide aus unterschiedlichen Materialien auf. Über einen Sockel aus Betonplatten erhebt sich eine Stahlgitterpyramide, welche mit Stacheldraht umfangen ist und mit Schutt aus der Umgebung gefüllt wurde. Die Materialien waren zumeist der ehemaligen Grenzbefestigung entnommen und hier sinnstiftend zweitverwendet. Das Mediale Echo war, ganz in Anatols Kunstsinnen, bewusst forciert; die Presse wurde eingeladen und unter Beteiligung zahlreicher Anwohner und Besucher wurde die „Eröffnung“ zu einem Spektakel. Eine kurze Filmdokumentation berichtet hiervon.[5] M. Ullrichs sieht in dem Titel Erinnerung an einen Irrtum den Ausdruck einer „teleologisch richtigen Vergangenheit, die hier angeblich verfehlt wurde.“[6] Aus ihrer Studie lässt sich ein enger Begriff von Denkmal schließen, welcher wiederum nicht näher diskutiert wurde. Somit exkludiert sie unterschiedliche mögliche Perspektiven auf eine faktische Geschichte und eine Ein- und Abgrenzung unterschiedlicher Denkmalformen. Blickt man genauer auf Anatols Denkmal, lässt sich eine alternative Betrachtungsweise destillieren. Anatols Arbeit besteht in ihrem Titel aus zwei wesentlichen Kompartimenten; „Erinnerung“ und „Irrtum“. Der Irrtum meint hier in historischem Rückblick einen subjektiven Eindruck und Ausdruck von Unbegreiflichkeit.[7] Dabei steht grammatikalisch der „Irrtum“ im Titel zeitlich an vorderster Stelle. Dem Bewusstsein eines jeden Irrtums geht das Bewusstwerden, also das Erkennen eines Irrtums voraus. Dadurch verbalisiert Anatol die grundlegenden Züge von Denkmal: dem Gedenken an ein erinnerungswürdiges Ereignis. In der subjektiven Bewertung des Ereignisses (Irrtum) und seiner mahnenden Funktion kann man sogar Spuren eines Mahnmalbegriffs[8] entdecken. Dieses Mahnen schöpft seine Betroffenheit aus der Vergangenheit, ist aber als Aussage zeitlich stets in die Gegenwart gerichtet. Zu berücksichtigen ist, dass M. Ullrich das Denkmal Anatols in eine wissenschaftliche Kategorie von Geschichte einordnet. Anatol geht zwar kritisch mit der politischen Vergangenheit um, jedoch nimmt er in seiner künstlerischen Auseinandersetzung und in seinen künstlerischen Aussagen (nahezu) ausschließlich auf gegenwärtige gesellschaftliche Begebenheiten Bezug und dies stets aus einer emotionalen Perspektive. Unter diesem Gesichtspunkt bekommt die Arbeit eine gänzlich andere Dimension. An einem historischen Ereignis oder einer historischen Ereigniskette sind stets Menschen beteiligt, welche selbst- und fremdverantwortlich Entscheidungen treffen. Auf diese (fehlerhaften oder irrtümlichen) Entscheidungen verweist Anatol mit seinem Denkmal und hält das verantwortliche Handeln dem heutigen Betrachter vor Augen. Jeder einzelne Mensch muss das in seinem Vermögen stehende tun, um aus der Vergangenheit zu lernen und auf dieser Basis für eine für alle Menschen positive Zukunft arbeiten zu können. Die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber einem autoritären Staat findet sich als eine Vorstellung vom Fremdgesteuert-Sein auch in anderen künstlerischen Aussagen Anatols wieder.[9] Dabei verschränkt Anatol traditionelle Denkmalsformen – die Pyramide – mit Relikten der Deutsch-Deutschen Grenze. Es sind diese Relikte, welche sich selbst ein Grabmal setzen,[10] das vom Künstler, mit Stacheldraht umwehrt unzugänglich gemacht wird und durch die (geplante) Begrünung in einen zu der Natur harmonischen Zustand zurückgeführt werden sollte.[11] Auch eine solche idealistische oder poetische Aussage kann kritisch gesehen werden, jedoch ist es ebenso fatal, künstlerische Positionen an einem wissenschaftlichen Geschichtsbegriff bewerten zu wollen.
Die Vielschichtigkeit Anatols Memorialgedankens findet bereits Ausdruck in der vermutlich 1976 geschaffenen Säule Jan Wellem.[12] Sie verweist in ihrem Namen nicht alleine auf den Kurfürsten Johann Wilhelm Joseph von der Pfalz, der in Düsseldorf die Gemäldegalerie gründete und für ein reiches Kulturleben sorgte, sondern sie verweist ebenso auf den nach ihm benannten Kanu-Club Jan Wellem e.V. Dieser feierte 1977 sein 25 jähriges Bestehen und war 1973 an der sogenannten „Heimholung“ Joseph Beuys’ beteiligt.[13] Bei der Säule handelt es sich, Fotografien zufolge, um eine in einen unbehandelten Holzblock eingelassene Steinsäule, die am oberen Ende mit einem Dekoraufsatz versehen wurde und zudem in Teilen mit Blei belegt wurde.[14] Mit Sockel, Säulenschaft und Aufsatz ist die Arbeit formal angelehnt an zahlreiche, seit römischer Zeit entstandene Monumente, die einzelnen Personen oder Ereignissen zugeeignet wurden.
In der kunstwissenschaftlichen und kunsthistorischen Forschung ist das Werk Anatol Herzfelds bisher kaum in Erscheinung getreten. Zwar wird er in einzelnen Publikationen genannt, doch sind dies in erster Linie biographische und historische Daten zum Leben und Werk Anatols. Weder ein Teil des Werkkomplexes, noch der Kunstbegriff Anatol wurden bisher umfangreich untersucht.[15]
Der Künstler selbst verwehrt sich dagegen in einen „kunsthistorischen Elfenbeinturm“[16] eingesperrt zu werden. Zudem hatte er es nicht darauf angelegt, eine besondere Beachtung auf dem Kunstmarkt und verbunden damit in der wissenschaftlichen Forschung zu erhalten.[17] Finanziell war er auf den Verkauf von Kunst nie angewiesen; durch seine Tätigkeit als Polizeibeamter verfügte er über ein geregeltes Einkommen. Oftmals verkaufte er an den Erstbesten und sogar zu dem Preis, der vom Käufer genannt wurde.[18]
Die Arbeit Wächter der Goitzsche besitzt zweierlei erkennbare Sinnebenen: den Verweis auf das Braunkohlegebiet und, durch die Inschrift »Franz« auf einem großen Findling im Zentrum, welcher direkt aus dem Tagebaugebiet stammt, einen Verweis auf eine historische Person: den anhaltinischen Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau.
Ich hatte (…) erfahren, dass es dort einen großen Wald gegeben hat, den die Russen damals als Panzerübungsgelände benutzt haben. (…) [Dort] haben Jugendliche in eigener Initiative Bäume gepflanzt, (…) vor dreißig Jahren.
In einer großen Heidefläche wollte ich eine Plastik hinsetzen (…). Das ist eimal ein Dank an den Fürsten Franz von Anhalt, Leopold III. von Sachsen-Anhalt. (…) Ihm widmete ich einen großen Findling (…). Und rundherum stehen zehn eiserne Figuren, (…) mit einer roten Fahne und einem roten Brustschild. Das war damals das Zeichen der Sozialrevolutionäre. Ich habe auch an die Arbeiter des großen Arbeiteraufstands von Leuna nach dem Ersten Weltkrieg gedacht.[19]
Das Tagebaugebiet der Goitzsche
Mit seinen Wächtern der Goitzsche beteiligte sich Anatol an einem Landschaftskunstprojekt im renaturierten Braunkohlegebiet der Goitzsche.
Jahrhunderte lang war das Wald- und Auenland-Gebiet in Sachsen-Anhalt von Bauernhöfen und kleineren Städten durchzogen. Land- und Viehwirtschaft prägten das Bild. Zu Beginn der Industrialisierung siedelten sich auch um Bitterfeld[20] etliche Fabriken und Industrieanlagen an. Es entstehen Tagebaugruben für Braunkohle in Bitterfeld, später auch im Geiseltal.[21] Mithilfe von dampfkraftbetriebenen Pumpen zur Entwässerung gelingt ab 1837 ein flächendeckender Abbau. Die Ausweitung der Tätigkeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat zur Folge, dass Straßen, Fluss- und Kanalläufe und sogar fünf Dörfer verlegt werden müssen, um Platz für den Tagebau zu schaffen. Obgleich ertragreich, ist der Tagebau ökologisch betrachtet katastrophal: für eine Tonne Braunkohle müssen Zehn Tonnen Erde bewegt werden.[22]
Die negativen Einflüsse auf die Umwelt nehmen zur Zeit der DDR noch in erheblichem Maße zu. Bitterfeld wird, zusammen mit Wolfen zum Sinnbild für Umwelt-Zerstörung. Etwa 30 Prozent der Flächen um Bitterfeld sind belastet und das Wasser bis in eine Tiefe von 30 Metern vergiftet. Traurige Berühmtheit erlangt hier die Grube Johannes in Wolfen-Süd. Sie diente als Giftmüll-Deponie.[23]
Nach der Wende wurden die Fabriken geschlossen und die Braunkohleförderung aufgegeben – da sie nicht länger ertragreich war. Zugleich, 1991 wurden die einstigen Bergleute zu Natursanierungsarbeitern.[24]
Die Goitzsche, die Industrieregion Bitterfeld – Dessau – Wittenberge wurde im Zuge der EXPO 2000 zum Korrespondenzstandort. Das Leitthema der EXPO 2000 war »Mensch – Natur – Technik«; vor diesem Hintergrund sollten die zu errichtenden Gebäude unter Gesichtspunkten des ökologischen Bauens entstehen und nach Ende der Ausstellungsphase weiter benutzt werden. Ab 1993 bewarb sich Sachsen-Anhalt um den Status eines Korrespondenzstandorts zur EXPO 2000. Im renaturierten Gebiet der Goitzsche sollten Kunstprojekte realisiert werden, die Bezug auf die Geschichte und den Ort um Bitterfeld nehmen.
Diese Verschränkung von Mensch, Natur und Technik am Ausgangspunkt der Wächter der Goitzsche finden sich auch in Anatols Aktionen mit seiner Sonnenkanone (auch: Die Friedenskanone, 1984). Es handelt sich um einen vier Meter langen Stahlkoloss, der das Erscheinungsbild von Kanonen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts imitiert. Vergleichbar ist sie mit solchen, die im US-amerikanischen Bürgerkrieg Verwendung fanden. Ein großes Stahlrohr ist zwischen zwei, ebenfalls aus Stahl gefertigten Rädern auf ein Gestell (Lafette) montiert. Mit dieser funktionstüchtigen „Kanone“ tourte Anatol geradezu durch das Rheingebiet.
„Wenn ich mit meiner Sonnenkanone bunte Papier-Schmetterlinge verschieße, ziele ich auf die Sinnlosigkeit von Waffen und bekenne mich zur Unbesiegbarkeit der ursprünglichen Natur.“[25]
Anatol bezieht durch Blumensamen oder anderweitige Bepflanzung einen nur bedingt kalkulierbaren Prozess mit in seine Arbeiten ein. Wie das Beispiel der Arbeit Erinnerung an einen Irrtum zeigt, agieren die natürlichen Prozesse nicht entsprechend der Planung des Künstlers. Dennoch stehen viele Arbeiten Anatols – nicht alleine auf dem Gelände des Museum Insel Hombroich, in räumlichen Zusammenhang mit Bepflanzung. Die dadurch entstehende Koexistenz versöhnt die aristotelische Scheidung von »physis« und »techne«. Anatol möchte die Natur weder bezwingen noch verdrängen. Zugleich bewegen sich seine Arbeiten in gestalteten Landschaften – Hombroich und Goitzsche, die dem menschlichen Einfluss ausgesetzt sind. Insbesondere Hombroich ist darauf angelegt, den menschlichen Gestaltungswillen nicht sichtbar zu machen und den Eindruck einer Natürlichkeit zu bewahren. Damit wird keine Naturillusion geschaffen, sondern es „findet eine Loslösung von der klassischen Mimesis statt. Leben wird anstelle einer illusionistischen Nachahmung in seiner Prozesshaftigkeit in den White Cube transportiert.“[26] Die von Ursula Ströbele auf Hans Haacke bezugnehmende Aussage, lässt sich nur bedingt auf Anatols Kunst übertragen. Er zieht die Natur nicht in den Ausstellungsraum, sondern konfrontiert Kunst und Natur im Außenraum. Direkter Bezugspunkt von Anatols Kunst ist stets der Mensch. Dieser muss sich an der Kunst messen lassen, die ihm ein ästhetisch vermitteltes moralisch-ethisches Ideal vorsetzt. Damit bewegt sich Anatols Kunst in einem religiösen Kontext.[27]
Fortsetzung in Von Wächtern und Steinen.
Endnoten
[1] Anatol arbeitete in den späten 1970er und schließlich ab den 80er Jahren verstärkt mit einem Renaturierungsaspekt, der nachwirkte bis zu seiner Partizipation an dem, im Rahmen EXPO 2000 stattgefundenen Projekt im Bereich des ehemaligen Braunkohlegebietes der Goitzsche. Wie im gesamten Werk von Anatol finden sich Parallelen zu seinem Lehrer Joseph Beuys, welcher sich ebenfalls mit derartigen Fragen und Überlegungen befasste – Ein gescheitertes Projekt in Hamburg (Spülfeldprojekt), die Renaturierung einer Industriebrache zu den Skulptur Projekten 1987 und das beiden vorlaufende Projekt zur Documenta 7 – „7000 Eichen.“ (Meschede, Friedrich (1989): „Skulptur 1977 und Skulptur Projekte in Münster 1987“. In: Plagemann, Volker (Hg.): Kunst im öffentlichen Raum. Anstöße der 80er Jahre. Köln, S. 132-148, hier S. 135ff) Unterschied ist jedoch, dass Beuys alleinig dem Künstler zusprach fähig – Autorität – zu sein eine „erschlossene Industrielandschaft in ein Biotop umzuwandeln.“ (Meschede 1989, S. 137).
[2] Anatol im Gespräch mit Heribert Brinkmann. (Brinkmann, Heribert; Stiftung Insel Hombroich (Hgg.) (2001): Anatol; Lebenszeiten, Arbeitszeiten. Bochum und Neuss, S. 138).
[3] Heute befindet sich die Arbeit vor der Heinrich Schütz Schule in Kassel.
http://www.heinrich-schuetz-schule.de/page3/Schulchronik/Schulchronik.html (zuletzt gesehen 02.11.2017).
[4] Ullrich, Maren (2006): Geteilte Ansichten. Erinnerungslandschaft deutsch-deutsche Grenze. Berlin, S. 235. Die Autorin geht oberflächlich auf die künstlerischen Ansätze ein. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der Vollständigkeit des Katalogs und nicht auf der detaillierten Betrachtung einzelner Arbeiten. Sie stellt insbesondere die mißlungene Bepflanzung der Pyramide heraus. Die Bepflanzung, bei Annette Kaminsky als „überwuchern“ bezeichnet, kann im negativen Sinne als ein Vergessen gedeutet werden. Insbesondere im Hinblick auf einen wissenschaftlichen Geschichtsbegriff kann dies kritisiert werden. Doch darf das Bepflanzen nicht als Methode der Verschleierung im Denkmalsinhalt gesehen werden. Was sonst natürlich im Laufe der Überwucherung automatisch passiert, wurde hier versucht künstlich zu erzeugen. Dadurch verwandelt sich das Bepflanzen in ein Symbol des historischen Fortschritts, in welchem gesellschaftlich nicht mehr Relevantes der „Natur“ überlassen werden. Anatol setzt mit der Bepflanzung von Resten der Grenzbefestigung ein sichtbares Zeichen für einen Fortschritt der Gesellschaft, und als Denkmal steht die Arbeit sichtbar als ein Zeichen gegen das Vergessen – schließlich ist es das Kunstwerk, welches überwuchert wird und welches als Denkmal das Erinnern bewahrt (Kaminsky, Anna (Hg.); Gleinig, Ruth (Ed.) (2007): Orte des Erinnerns : Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Im Auftr. der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Bundeszentrale für politische Bildung. 2. überarb. und erw. Aufl. Bonn, S: 229).
[5] Vorhanden im Archiv der Stiftung Insel Hombroich (AdSIH).
[6] Ullrich 2006, S. 235.
[7] Es ging Anatol nicht darum einen historischen Irrtum offen zu legen, sondern eine Diskussionsansatz liefern wollen, der jedem einzelnen Menschen anspricht über die eigene Verantwortung im angesichts historischer Ereignisse, die es nicht zu leugnen oder wegzuwünschen gilt.
[8] Zum Begriff Mahnmal führt Hans-Georg Stavginski aus: „(…) diejenigen Denkmäler, die den Holocaust zum Thema haben, als mahnende Gegenstände innerhalb der gesellschaftlichen Kommunikation auch als Mahnmäler bezeichnet.“ (Stavginski, Hans-Georg (2002): Das Holocaust-Denkmal; Der Streit um das ‚Denkmal für die ermordeten Juden Europas’ in Berlin (1988-1999). Paderborn et al., S. 134) Dadurch wird die zeitliche Verwendung des Begriffs auf die Zeit nach 1945 beschränkt. Zugleich taucht der Begriff Mahnmal bereits bei Franz Kugler auf. (Stavginski 2002, S. 134 Fußnote 301) Zeitlich allgemeiner, aber inhaltlich bestimmter fasst Stefan Krankenhagen das Mahnmal als einen Begriff, „das, qua Definition, die Taten des eigenen Staates verurteilt.“ (Krankenhagen, Stefan (2001): Auschwitz darstellen; Ästhetische Positionen zwischen Adorno, Spielberg und Walser. Beiträge zur Geschichtskultur Bd. 23. Köln et al., S. 235) Etwas eher äußert S. Krankenhagen jedoch, dass er die Begriffe Denkmal und Mahnmal, wie in der Debatte um das Berliner Holocaust-Denkmal, synonym verwendet. (Krankenhagen 2001, S. 229 Fußnote 24) Am deutlichsten und für den Kontext des Anatol’schen Denkmals passend formuliert es Detlef Garbe: „Als «Mahnmal» zu wirken, beinhaltet auch, aus der Empathie mit den Opfern des NS-Regimes die Solidarität mit den Opfern heutigen Unrechts anzumahnen.“ (Garbe, Detlef (1992): „Gedenkstätten: Orte der Erinnerung und die zunehmende Distanz zum Nationalsozialismus“. In: Loewy, Hanno (Hg.) (1992): Holocaust: Die Grenzen des Verstehens; Eine Debatte über die Besetzung der Geschichte. Reinbeck bei Hamburg, S. 260-284; hier S. 281).
[9] Welche Dimensionen dieses Verantwortliche Denken und Handeln im Sinne Anatols haben kann, könnte auch ein kleiner nicht näher datierter Zeitungsartikel zur Schaffung des Blauen Wunders 1973 vor der Kunsthalle Düsseldorf aufzeigen. „Anatol (…) hatte jetzt auch Besuch von einem Journalisten aus der DDR. Er [Anatol; Anm. d. Verf.] solle doch, sagte der Journalist, mit dem Einbaum, ‚blaues Wunder’ genannt, zum Flottentag in die DDR kommen. Darauf Anatol: ‚Wenn ihr die Mauer abreißt, kommen wir sofort.’“ (Zeitungsartikel im Bestand des AdSIH).
[10] Zur Parallele von Pyramidenform und Grabmalssetzung in der deutschen Kunst siehe Keller, Harald (1954): „Denkmal“. In: Gall, Ernst et. al (Hgg) (1954): Reallexikon zur Deutschen Kunst; Bd. 3. Stuttgart: Druckenmüller, Sp. 1257-1297; hier Sp. 1288f.
[11] Die Bepflanzung mit Wildkräutern scheiterte und kam auch bei einem erneuten Versuch 1997 nicht zustande (Ullrich 2006, S. 235).
[12] Die einzige Quelle zu dieser Arbeit ist ein beschriftetes und datiertes Konvolut an Fotografien dieser Aktion (Herstellung der Säule) vor der Kunsthalle Düsseldorf, das sich im AdSIH befindet.
[13] http://fwf-d.de/fileadmin/PDF/Chronik_KCJW_25.pdf und http://fwf-d.de/fileadmin/PDF/Chronik_KCJW_50.pdf (zuletzt gesehen 02.11.2017).
[14] Abbildungen im AdSIH (Ordner 12: Anatol Herzfeld; Aktionen Ausstellungen; von 1974 bis 1976).
[15] Beispielhaft seien genannt: Esser, Nicola (2000): Zur Psychologie des Kreises in der Kunst am Beispiel der ‚Felsenkirche’ und des ‚Parlaments’ von Anatol Herzfeld auf der Museumsinsel Hombroich. Univ. Mag. Köln; Wiese, Hans-Ulrich (2002): Karsamstagsexistenz; Auseinandersetzung mit dem Karsamstag in Liturgie und moderner Kunst. Regensburg: Schnell & Steiner; Buschmann, Renate (2006): Chronik einer Nicht-Ausstellung. Between 1969-73 in der Kunsthalle Düsseldorf. Berlin: Reimer; Ullrich, Maren (2006): Geteilte Ansichten; Erinnerungslandschaft Deutsch-Deutsche Grenze. Berlin: Aufbau; Ratzmann, Jan (2011): Anatol, Hombroich und die Natur; Der Mensch als Zentrum von Kunst und Welt im Werk von Anatol Aufgezeigt am Beispiel seiner Arbeiten Parlament (1992) und Kirche (1988). Univ. MA. Osnabrück.
[16] Anatol im Gespräch mit dem Verfasser am 27. März 2006.
[17] Für seine Aktionen, die in der Regel mit Ausstellungen verbunden sind, hält Anatol engen Kontakt zu Zeitungen und Rundfunkanstalten. Hierdurch generierte er eine besondere Öffentlichkeit für seine Kunst, die durch eine Galerievertretung kaum erreichbar ist. In gewisser Weise überspringt Anatol damit die Grenze zwischen sogenannter Unterhaltungskunst und „Ernsthafter Kunst“.
[18] Anatol im Gespräch mit dem Verfasser am 27. März 2006 (vgl. auch Irgang, Margarete; Epkes, Gerwig (Redaktion); Arnold Iiris (Regie): Insel der Begegnungen – Hombroich; SWR2 – Feature am Sonntag; Sendung vom 15.07.2007, 14:05 Uhr; Produktionsnummer: 1001999; Produktion: 02.07.-04.07.2007, BAD, Studio 7).
[19] Anatol im Gespräch mit Heribert Brinkmann. (Brinkmann 2001, S. 138f).
[20] Im Dreieck von Dessau, Halle (Saale) und Wittenberg.
[21] Günter, Roland (2000): „Die langen Fäden eines Ortes“. In: Schierz, Heinrich (Hg.): Land gewinnen. Die Goitzsche. Das weltweit größte Landschaftskunstprojekt. Halle, S. 18-26, hier S. 20f.
[22] Günter 2000, S. 21f.
[23] Günter 2000, S. 24.
[24] Tropp, Peter (2000): „Der Wandel vom Braunkohlebergbau zur Sanierung“. In: Schierz, Heinrich (Hg.): Land gewinnen. Die Goitzsche. Das weltweit größte Landschaftskunstprojekt. Halle, S. 29-32, hier S. 29.
[25] Anatol im Gespräch mit Karl-Heinz Hering am 9. April 1985 (Hering, Karl-Heinz (1985): „Anatol antwortet“ In: Katalog Anatol (1985): Bilder und Plastiken. 1965 bis 1985. Arbeitszeit. Kunstverein für die Rheinlande. Düsseldorf, ohne Seitenzählung und Katalog Anatol (1987): Natur und Technik. Museum Bochum. Bochum, S. 10f).
[26] Stöbele, Ursula (2017): „Skulpturale Rhetoriken der Natur. das Erbe Hans Haackes und die Skulptur als Real Time System heute“. In: kritische berichte Bd. 2 Jg. 45, 2007, S. 74-83, hier S. 74f.
[27] Kikol, Larissa (2017): „Religion, Umweltschutz und Kunst– Von der Funktion des Glaubens“. In: kritische berichte Bd. 2 Jg. 45, 2007, S. 65-73. Dort unter Anm. 1 ein Verweis auf Wolfgang Ullrich, An die Kunst glauben, Berlin 2011.